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von Crispin Trunk

  Am 27.06.2018 besuchte unser P-Seminar „Nachhaltige Waldnutzung“ ein Waldstück bei Seußling, welches von Schwammspinnern befallen war.

Diese Exkursion kam auf Anregung unseres betreuenden Försters Herrn Michael Bug zustande, der damit auf die aktuellen Meldungen in den Medien und die sehr kontroverse Diskussionen reagierte. Mit dabei war sein Kollege Hans-Peter Schreier, ebenfalls Förster, der dieses Waldstück schon seit Jahrzehnten kennt und außerdem über ein immenses Wissen über Insekten verfügt.

Nachdem alle Seminarteilnehmer den Weg nach Seußling gefunden hatten (die Umstände waren mit Abistreich und letztem Gruppenspiel der Deutschen nicht gerade gut) begaben wir uns zu dem Waldstück, welches zum größten Teil aus Eichen und Hainbuchen bestand. Obwohl schon Ende Juni war das Laubdach sehr licht und hellgrün, wie eben im Frühjahr kurz nach Blattaustrieb. Michael Bug konnte berichten, dass noch vor zwei Wochen alle Bäume kahlgefressen waren. Zwischen den Eichen flatterten kleine bräunliche Schmetterling  – die Verursacher dieses Kahlfraßes, Schwammspinner.

Die Weibchen dieser  Eulenfalter (Lymantria dispar) legen ihre bis zu 1000 Eier in einem schwammartiges Gebilde – daher der Name – an der Rinde ihrer Fraßbäume ab. Die Schwammspinner befallen nicht eine bestimmte Art von Bäumen, wie zum Beispiel der Eichenprozessionsspinner, sondern alle Arten und sogar Nadelbäume, wenn nichts anderes zur Verfügung steht. Allerdings bevorzugen sie die warmgetönten Eichenwälder Frankens. Da die Raupen große Mengen an Laub verzehren kann es zu einem Kahlfraß kommen, wie wir es in Seußling eindrucksvoll erleben konnten. Zwar hatten die Eichen durch den sogenannten Johannis-Austrieb wieder neue Blätter gebildet, allerdings zeigte die Anzahl der neuen Eiergelege (mehr als ein Gelege pro Stamm) bereits, dass es im nächsten Jahr erneut zu einer Massenvermehrung kommen wird.

Die Schwammspinner allein sind für ein Waldstück nicht bedrohlich, da die Bäume im Jahr bis zu vier mal austreiben könnten. Allerdings wird es problematisch, wenn es zu sogenannten Fraßgesellschaften kommt, was bedeutet, dass weitere Austriebe der Bäume verhindert werden. So können Eichenprozessionsspinner, Frostspanner, und Eichenprachtkäfer die geschwächten Eichen befallen, kommt dann noch Mehltau oder Witterungsextreme wie Trockenheit hinzu, ist der Wald in Gefahr. Solche Ereignisse werden durch den Klimawandel begünstigt, da ein später Frost häufiger ausbleibt, der den ersten Blattaustrieb zwar erfrieren, aber damit auch die Raupengeneration verhungern lässt. Haben die Bäume mehrere Jahre in Folge keine Blätter und können somit keine Fotosynthese betreiben, kann dies nach 5-10 Jahren zum Sterben eines ganzen Waldstückes führen. Herr Schreier berichtete uns, dass dies vor etwa 25 Jahren in Seußling der Fall war: 30% der Eichen war bereits abgestorben, als man zur Rettung dieses Eichenwaldes ein Insektizid einsetzte.

Nun stellt sich die Frage, wie man dieses Mal das Problem lösen soll! Der Einsatz von Insektiziden wir meist als sehr kritisch angesehen, da auch andere, nicht schädliche Insekten getötet werden. Dies setzt sich dann in der Nahrungskette fort und die Zahl an Singvögel nimmt ab, wie in der Sendung „quer“ des Bayrischen Rundfunks vom 14.06.2018 berichtet wurde. Herr Schreier bestätigte aber, dass innerhalb weniger Jahre das Waldstück in Seußling wieder die normale Artenvielfalt wie vor der Behandlung durch das Insektizid zeigte. Hätte man jedoch die Eichen absterben lassen, wären diese vom privaten Waldbesitzer nicht wieder durch Eichen, sondern durch schnell und unkomplizierter wachsende Baumarten wie Douglasien ersetzt worden.

Das Seminar diskutierte weitere Möglichkeiten und deren Vor- und Nachteile. Während Abholzung bzw. Brandrodung schnell ausgeschlossen werden konnten, wurden vor allem Möglichkeiten der biologischen (durch natürliche Fressfeine) und biochemischen Methoden abgewogen. Zwar stellen Fressfeinde in begrenzten Räumen wie Gewächshäusern eine gute Lösung dar, in offenen, weitläufigen Waldgebieten ist dies aber meist wenig zielführend. Dagegen sollen durch den Einsatz von Insektiziden wie MimicⓇ, das als Wachstumsregulator in die Häutung der Insekten eingreift oder sogenannter B.t.-Gifte wie Dipel ESⓇ, das im Darm von Schmetterlingsraupen wirkt, möglichst nur die Schadinsekten getroffen werden. Dies soll durch den Einsatz von Hubschraubern, die einen Mindestabstand zum Waldrand halten, während sie das Gift ausbringen, gewährleistet werden. Die Auswirkungen wrden aber nach wie vor sehr kontrovers diskutiert.

Letztendlich kam die Mehrheit unseres P-Seminars zum Schluss, dass der Einsatz von Mimic in nächsten Frühjahr für die konkrete Situation in Seußling zwar nicht der idealste, aber sinnvollste Weg darstellt, um diesen artenreichen Waldtyp auch in den nächsten Jahrzehnten zu erhalten.

 

Bei weiterem Interesse ist ein Blick in die Broschüre zu empfehlen oder fragen sie den Förster ihres Vertrauens.

von Clemens Hoff

Wer kennt schon ein „Schmalreh“ oder das „grüne Abitur“, wer hat schon mal „Geblattert“ oder hat beim „Aufbrechen“ geholfen?

Im Zuge unseres P-Seminares „Nachhaltige Waldnutzung“ ermöglichte uns Michael Bug (Forstamtmann, Revierleiter und Bildungsbeauftragter am AELF Bamberg), der uns während des gesamten Seminars im Wald betreut, erste Eindrücke in das Handwerk des Jagens gewinnen. Schon im Vorfeld bekamen wir eine erste Einführung in das – auch in unserem Seminar – so kontrovers diskutierte Thema Jagd: Das Fehlen von natürlichen Fressfeinden für viele größere Wildtiere ist der Grund, warum in einem Forstbetrieb gejagt werden muss. Wolf und Luchs wurden durch den Menschen in Deutschland ausgerottet bzw. stark zurückgedrängt und ohne diese Fressfeinde können sich manche Wildtiere stark vermehren. Eine natürliche, aber nötige Verjüngung des Waldes wäre durch den Verbiss durch Rehe nicht mehr möglich, was Förster und privaten Waldbesitzer zum Handeln zwingt. Außerdem liefert die Jagd nach wie vor ein – passend zu unserem Seminar – nachhaltig erzeigtes Lebensmittel, das Wildbret.

Daneben hat die Jagd sicher auch ihre ganz eigene Faszination, die sich nicht unbedingt nur auf das Töten des Wildes bezieht. Das lange Warten, das Anlocken und das Beobachten der Tiere, aber auch die Spannung, ob und wann der Schuss erfolgt, machen die Jagd, gerade auch für uns Neulinge, zu etwas ganz Besonderem.

Am Abend des 20.07.18 war es soweit, der mit Spannung erwartete Jagdausflug konnte für drei Schüler und unsere Seminarlehrerin Frau Bier beginnen. In Tarnfarben (kein blau – Rehe sind rot-grün-blind) gekleidet ging es von unserem Treffpunkt in Ebermannstadt zusammen mit Michael Bug zu dem von ihm und seiner Frau gepachteten Jagdrevier bei Leutzdorf. Dort bekamen wir einen kleinen Einblick in die Kenntnisse, die man erworben haben muss, um die Prüfung für den Jagdschein (auch grünes Abitur genannt) zu bestehen. Für Michael war der Jagdschein ein Teil des Studiums (Forstwirtschaft), wobei ein Förster nicht unbedingt Jäger sein muss. Umgekehrt muss man aber auch kein Förster sein, um den Jagdschein zu machen, das kann laut dem Jagdausbildungszentrum Bayern jeder, der „zuverlässig und persönlich geeignet“ sowie mindestens 16 Jahre alt ist. Neben den strengen Gesetzen für Waffenbesitz und -gebrauch in Deutschland erklärte uns Michael auch die Wahl der richtigen Waffe. Mit dem „typischen Jagdgewehr“, also einer Langwaffe und Munition für Rehe, würde man einen Hasen förmlich zerreißen, umgekehrt braucht man aus 30 Metern nicht mit Schrot auf ein Wildschwein schießen. Um den diesjährigen Abschussplan zu verfolgen, sollte an diesem Abend speziell auf Rehwild Jagd gemacht werden. Während die Geißen mit ihren Kitzen (also erwachsene weibliche Tiere mit ihren Jungtieren) noch bis September Schonzeit haben, können im Juli die Böcke (männliche Rehe) und Schmalrehe (nicht geschlechtsreife weibliche Rehe) geschossen werden.

Gegen halb acht, als die Sonne langsam unterging, trafen die beiden anderen Jäger ein: Stefanie Blumers (Michaels Frau und ebenfalls Försterin) und Ben Göbel (Forstamtmann und Revierleiter am AELF Bamberg). Wir wurden in drei Gruppen aufgeteilt, so dass jeder Schüler mit einem Jäger unterwegs war. Ich war mit Ben unterwegs, der ein Stück entfernt vom Jägersteig parkte, von wo wir dann leise weiter schlichen. Dort angekommen, hielten wir konzentriert Ausschau und konnten tatsächlich mehrmals eine Bewegung oder ein Rascheln wahrnehmen, leider immer nur Hasen. Ein Reh, das kurz am Waldrand auftauchte, konnte Ben durch das Zielfernrohr seines Gewehrs nicht ansprechen, das heißt, er konnte nicht sicher entscheiden, ob es ein Bock oder eine Geiß war. Um die Tiere in Schussweite zu bringen, können sie mit Futter, z.B. Apfeltrester, angelockt werden. Oder man pfeift mit einem Blatter (ein Grashalm tut es zur Not auch) und ahmt damit, je nach Tonhöhe, ein Kitz oder eine Geiß nach. Auf das Geiß-Blattern reagierte das Reh nicht, weshalb Ben auf ein weibliches Reh, möglicherweise mit Kitzen, tippte. Also warteten wir erstmal weiter und beobachteten einfach nur.

Nachdem es schon ziemlich finster und damit unsere Sicht schlechter geworden war, stiegen wir vom Jägerstand hinunter, um zurück zum Auto zu laufen. Plötzlich liefen direkt vor uns zwei Rehe übers Feld. Ben zögerte nicht lange, lud sein Gewehr und machte sich in geduckter Haltung in die Richtung der zwei Rehe auf. Ich setzte mir noch schnell die Ohrenschützer auf (der Schussknall verursacht dauerhafte Gehörschäden) und folgte ihm mit etwas Abstand. Bevor ein Schuss fällt, muss sicher entschieden sein, dass das Tier geschossen werden darf (Schonzeit?), aber auch, ob aus der aktuellen Position überhaupt geschossen werden kann. Damit das Tier sofort stirbt und eine Nachsuche des angeschossenen Tieres vermieden wird, sollte das Ziel des Schusses knapp hinter dem Blatt (Schulter) des Rehes sein, wo sich Herz und Lunge befinden. Ich selbst konnte kaum etwas erkennen, doch plötzlich durchzog ein ohrenbetäubender Knall die Luft und mir war klar, dass Ben auf eines der Rehe geschossen haben musste.

Als ich zu der Stelle kam, kniete Ben bereits vor dem von ihm getroffenen Schmalreh. Das Reh war trotz des leicht schrägen Schusses sofort tot umgefallen, in den Worten von Ben: „Es hat den Knall nicht mehr gehört!“ – zum Glück! Das geschossene Reh wird normalerweise an Ort und Stelle aufgebrochen (ausgeweidet), was Ben gekonnt übernahm. Inzwischen hatten auch die anderen ihren Ansitz beendet und waren unserem Schuss gefolgt. Nachdem alle Innereien herausgeholt waren, nahmen wir das Reh in einer Wildwanne mit und brachten es zur sogenannten Wildkammer nach Ebermannstadt. Sobald das Reh tot umfällt ist es ein Nahrungsmittel und muss dementsprechend behandelt werden. In einem Kühlraum wird es abgehangen und später von einem Metzger küchenfertig zerteilt und als Wildbret verkauft.

So endete der für uns drei Schüler sehr spannende Ausflug bei dem wir uns ein ganz neues Bild von der Jagd machen konnten. Die Jagd ist nicht nur ein sinnfreies, quälendes Töten von Tieren durch mit der Waffe in der Hand mächtig fühlende JägerInnen, sondern wie uns Michael Bug von Beginn an klar machte, ein Handwerk, das nach rechtlichen Bestimmungen und waidgerecht abzulaufen hat, also ohne grausame Jagdmethoden und sinnloses Quälen der Tiere. Ich persönlich esse lieber ein Wildtier, das in freier Natur gelebt hat und erst mit einem bestimmten Alter waidgerecht geschossen wurde, als ein Masttier, das zusammengepfercht auf Gittern stehen muss und Antibiotika ins Futter gemischt bekommen hat.

Clemens Hoff