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Das Theater im Gärtnerviertel (TiG) gastiert am DG und zeigt eine beklemmende Inszenierung  über den NSU-Komplex: Weißes Mäuschen, Warme Pistole

Kann man seiner griechischen Nachbarin einen Kuchen vorbeibringen, freundlich grüßen und gleichzeitig deutsch- türkische Dönerbesitzer kaltblütig ermorden? Kann man- von Polizei und Öffentlichkeit scheinbar unbemerkt- jahrelang im Untergrund leben, an die Ostsee in den Urlaub fahren uns ein nach außen „ordentliches“ Leben führen?  Man kann. Die NSU-Terrorzelle um Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe ist für zahlreiche Anschläge und Morde bekannt geworden und hat behördliches Versagen unbekannten Ausmaßes offenbart. Wie bringt man eine derartige Geschichte auf die Bühne?

Das TiG (auch bekannt für ihre momentan laufende „Maria Stuart“ –Inszenierung, im April und Mai folgt der Klassiker „Hamlet“) macht es dem Publikum nicht leicht, reißt es aus ihrer „bequemen Komfortzone“, indem sie die Zuschauer (10./11. Klasse) mit rechtsradikalen Strategien konfrontiert („Sprich lieber über die hohe Arbeitslosigkeit, ist besser als „Ausländer raus“ zu rufen oder mit Bomberjacke herumzulaufen“), gepaart mit dem Wunsch seine eigene Bedeutungslosigkeit mit „Heldentaten“  zu kompensieren, indem man sich als Rebellen stilisiert, deren Taten „unsterblich“ machen. Dazu verspeisen die Schauspieler Chips und Döner auf  der Bühne uns singen Kinderlieder vom Apfelbaum oder davon, dass die Juden an allem Schuld sind. Es ist diese Diskrepanz zwischen Skrupellosigkeit und Brutalität auf der einen und scheinbarer Normalität auf der anderen Seite, die verstört.

Doch nicht nur das Innenleben der Terrorzelle ist bei dem Stück von Interesse. Auch die toten Opfer (die Schauspieler wechseln ihre T-Shirts)  kommen zu Wort und auch das staatliche Versagen wird kurz angedeutet.

Am Ende des Stücks sind die beiden Uwes tot und Beate Zschäpe schwört zu schweigen. Das tut sie bis heute.